Samstag, 8. März 2014

Kommentar: Frauen in Sachsen-Anhalt werden immer noch stark benachteiligt

Vorbermerkungen: Um die Gedankengänge sowie die Bewertung der Fakten in diesem Kommentar nachzuvollziehen, sollten folgende Seiten besucht werden:

*offizieller Aufruf des DGB zum internationalen Frauentag
**Pressemeldung zur Videobotschaft des Ministerpräsidenten Rainer Haseloff von Sachsen-Anhalt 
***Beitrag des Mitteldeutschen Rundfunks
****Beitrag des DUMM-Blogs zum Statement des DGB-Chefs von Sachsen-Anhalt


Ein Kommentar von Steven Kollmorgen:


Logo zu den Frauentagsaktionstagen in Magdeburg. 
Quelle: Stadt Magdeburg
Zum Internationalen Frauentag wird wieder vielerorts die Wichtigkeit der Frauen in den Mittelpunkt der Berichterstattung gestellt. Doch diese leider nur sehr begrenzte Aufmerksamkeit für die Stellung der Frau in der Gesellschaft, kann nicht darüber hinweg täuschen, dass es gerade in Sachsen-Anhalt nicht sonderlich weit her ist, mit der Gleichstellung der Frau. Besonders deutlich sieht man dies auf dem Arbeitsmarkt und bei den Verdienstmöglichkeiten für Frauen.

Wie kürzlich eine Studie der Bundesagentur für Arbeit in Sachsen-Anhalt zeigte, verdienen vollzeitbeschäftigte Frauen zwar mehr als die vollzeitbeschäftigten Männer, doch arbeiten 44 Prozent der Frauen nur in Teilzeit, während es beim männlichen Geschlecht gerade einmal 10 Prozent sind. Somit relativiert sich die anfänglich schöne Feststellung doch ziemlich deutlich.

„Rund 44 Prozent der beschäftigten Frauen arbeiten in Teilzeit, bei den Männern sind es etwa 10 Prozent. Wissenschaftliche Studien gehen davon aus, dass jedoch etwa jede Dritte teilzeitbeschäftigte ostdeutsche Frau lieber länger arbeiten will“, sagte Kay Senius, Chef der BA-Regionaldirektion Sachsen-Anhalt-Thüringen. „Die Frauen sind oft unfreiwillig in Teilzeit. Und sie laufen in die „Teilzeitfalle“: Wer heute nicht Vollzeit arbeitet, hat morgen keine gute Rente“, ergänzte Dr. Angela Kolb, Sachsen-Anhalts Ministerin für Justiz und Gleichstellung, in einer gemeinsamen Pressekonferenz.

Positiv entwickelt hat sich, laut Bundesagentur für Arbeit, die Arbeitslosenquote bei Frauen. Waren noch 2003 rund 133.000 Frauen in Sachsen-Anhalt arbeitslos, sind es in 2013 "nur" knapp 60.000 gewesen. Auch der Ministerpräsident Rainer Haseloff hat diese Entwicklung bemerkt und betont, dass die Landesregierung hier längst eine Vorreiterrolle eingenommen hat. Vor allem auf sein Mentoringprogramm ist der Landesvater stolz. Denn mithilfe dessen möchte er bis zu 40 Prozent der Führungspositionen in der Landesverwaltung mit Frauen besetzen. Allerdings wirklich belastbare Zahlen zu bisherigen Projekten hat er nicht genannt.**



Immerhin Angela Kolb, die Ministerin für Justiz und Gleichstellung, wird deutlicher: „Ein anderer Teil der Wahrheit ist, dass Frauen überdurchschnittlich in den Niedriglohngruppen repräsentiert sind, weil sie häufig in schlechter bezahlten Dienstleistungsberufen arbeiteten. Auf jede fünfte vollzeitbeschäftigte Frau in Sachsen-Anhalt könnte sich der Mindestlohn in Höhe von 8,50 Euro auswirken. Nimmt man alle Frauen in den Blick, also Vollzeitbeschäftigte, Teilzeitkräfte und Mini-Jobberinnen, bleibt die alte Feststellung richtig: Frauen verdienen ungefähr ein Fünftel weniger als Männer. Das Thema Entgeltgleichheit stehe weiter vorn auf der Agenda.“

Damit stößt die Ministerin in dasselbe Horn wie gestern schon der Chef des Deutschen Gewerkschaftsbundes Sachsen-Anhalt Udo Gebhardt. Denn der DGB fordert nicht nur in Sachsen-Anhalt seit Jahren, dass der europäische Grundsatz, welcher in den Rom-Verträgen verankert ist, Gleicher Lohn für gleiche Arbeit, endlich umgesetzt wird. Seit einigen Jahren sehen die Gewerkschaftler eine rückläufige Entwicklung in der Neuausrichtung der Geschlechterrollen. Als Ursache dafür wird oftmals die Sparpolitik der Europäischen Union benannt. Nichtsdestoweniger ist es für Udo Gebhardt nur schwer nachzuvollziehen, warum es noch keine Entgeltgleichheit in Deutschland gebe:

"… Umso unverständlicher bleibt, dass wir die Entgeltgleichheit noch immer nicht herstellen konnten. Noch immer verdienen Frauen in ostdeutschen Ländern acht Prozent weniger als Männer, deutschlandweit sogar 23 Prozent. Auch deshalb ist ein flächendeckender, unbedingter Mindestlohn ein notwendiger Schritt in die richtige Richtung.“****

Somit ist auch in diesem Jahr die Lohngleichstellung der Frau das zentrale Thema des internationalen Frauentages. Die Landesregierung mag sich mit ihren Projekten rühmen, kann aber nicht darüber hinweg täuschen, dass sie an der positiven Entwicklung, trotz des enormen Verbesserungsbedarfes, eher unbeteiligt ist. Denn noch ist es sehr stark Arbeitgeber abhängig, wie die Lohnstellung der Frau im Unternehmen ist. In Wahrheit sind Frauen immer noch stärker von Altersarmut bedroht als Männer, ob sich unsere Gesellschaft diese Öffnung der Schere zwischen den Geschlechtern noch lange leisten kann, mag man nicht einschätzen.

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